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2025 - Förderkreis Mindelheimer Museen eV

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Geschichte der Zeitmessung          28.05.2025
Vortrag von Veronika  und Wolfgang Vogt im Turmuhrenmuseum für den Förderkreis Mindelheimer Museen e. V.
Vorstand Ernst Woisetschläger konnte trotz des Regenwetters zahlreiche Besucher Im Turmuhrenmuseum begrüßen. Wolfgang Vogt als Gründer und langjähriger Leiter des deutschlandweit reichhaltigstem Turmuhren Museum mit fast 50 Ausstellungsstücken – übrigens alle funktionsfähig – eröffnete den Vortrag mit einem kurzen Abriss der Entstehungsgeschichte des Museums. Tochter Veronika Vogt, ebenso von der Turmuhrenbegeisterung wie ihr Sohn Lukas angesteckt, gliederte ihren Vortrag unterstützt mit zahlreichen Bildern in mehrere Bereiche.

Zu den Elementaruhren zählt natürlich als erstes der tägliche Sonnenlauf mit der jahreszeitlich bedingten Tages- und Nachtlänge. Hirtenstab und der Schatten des Sonnenuhrstabes waren mit entsprechender Beschriftung erste Zeitmesser, die bis in die heutige Zeit Verwendung finden. Beispiele finden sich in Mindelheim im Kreuzkloster, an der Gruftkapelle, Liebfrauenkapelle, an Maria – Ward Gebäuden, am Maristenkolleg und vielen anderen Bauten. Die Steinformation von Stonehenge dient als monumentales Kalendarium.

Wasseruhren als „Auslaufgefäße“ mit innen tastbaren Rillen sind von vor über 2500 Jahren überliefert. Eine antike Beschreibung einer Wasseruhr von 425 v. Chr. diente als Vorlage für eine neuere Konstruktion, die nun am Marienplatz steht.

Sanduhren dienten seit jeher als Kurzzeitmesser für den täglichen Gebrauch, als auch als Redezeitbegrenzer in Kirchen (Kanzeluhr) und Institutionen.
Bei Kerzenuhren dienten farbige Ringe als Zeitangabe und mit einem Nagel der beim Abbrennen laut in eine Schale fiel oder ein Glöckchen betätigte als Wecker für die nächtlichen Stundengebete in Klöstern.

Mechanische Uhren  zeugen vom Erfindergeist zur Zeiteinteilung. Die ersten Turmuhren – angefertigt von Kunstschmieden – gibt es seit den Jahren um 1300 n. Chr. Immer bessere und präzisere Ausführung waren in Gebrauch bis in die Neuzeit und bis zur Einführung elektrisch und quarzgesteuerter Modelle. Waaguhren mit verschiebbaren Gewichten konnten an die wechselnde Tageslänge der Jahreszeiten angepasst werden. Der „Sensenmann“ als Aufsatzfigur sollte an die Pestopfer und an die Vergänglichkeit des irdischen Daseins erinnern.  „Turmuhren sind ein zu Unrecht vergessenes Kulturgut“ mahnte Turmuhrenmuseumsgründer Wolfgang Vogt, der den Vortrag immer wieder mit lustigen Anekdoten auflockerte.
Eine besondere Ausprägung sind astronomische Uhren, die nicht nur die Zeit, sondern auch die Bewegung der Gestirne zeigen. Eines der monumentalsten und auch kompliziertesten Uhrwerke ist am Straßburger Münster zu sehen. Seit 1989 besitzt auch das Turmuhrenmuseum eine astronomische Uhr.

Die Entwicklung der Pendeluhren folgte strengen mathematischen Gesetzen. Das Gewicht des Pendels und die Länge bestimmen die Schwingungsdauer, wobei die Wurzelfunktion zur Berechnung dient. Eine Pendellänge von 4 m ergibt eine Schwingungsdauer von 2 Sekunden; eine Länge von 9 m eine von 3 Sekunden. Das zweitlängste Pendel der Welt, das im Turm der ehemaligen Silvesterkirche hängt, hat mit rund 25 m Länge eine Schwingungsdauer von 5 Sekunden. Der daran hängende Glockenklöppel  hat ein Gewicht von 120 kg. Dazu erzählte Herr Vogt eine Anekdote vom mehrmaligen Transport dieses Glockenklöppels auf den Turm der Stadtpfarrkirche und die missglückten Reparaturversuche.

Die Präzisionsuhren der Neuzeit müssen auch die Position auf der Erde mit Längen- und Breitengrad berücksichtigen. Als genialer Tüftler und Turmuhrenbauer gilt Johann Mannhard, der Konstrukteur der Turmuhr der Mindelheimer Stadtpfarrkirche, die bis 1992 fast sekundengenau ihren Dienst tat. Sie wird nun auf dem Platz vor dem Forum in einem eigenen Gehäuse gezeigt, sogar mit 4 Zifferblättern, Uhrzeit, Datum, Mondphasen und Tierkreiszeichen, eine Weiterentwicklung des Ingenieurs Schmid aus Ulm.  Der Antrieb des Freischwingerpendels mit nur einem geringfügigen Impuls anstatt der aufwendigen Seilzüge, geht auf den Pfarrer Josef Feller zurück, dem seine Vorgesetzten bescheinigten „mehr Mechanikus als Klerikus“ zu sein.
Die Beschreibung von Kunst – Werk – Uhren war ein Höhepunkt des Vortrages von Veronika und Wolfgang Vogt. Bilder der Taschenuhr, die der Mindelheimer Uhrmacher Matthias Reit schon etliche Jahre vor dem berühmten „Nürnberger Ei“ des Uhrmachers Henlein gebaut hatte, unter--strichen das großartige Können des Mindelheimers. Die Konventuhr aus einem Füssener Kloster ist das Prunkstück der Turmuhrensammlung und zeigt eindrucksvoll die Verbindung von kunstvoller Gestaltung aller Teile, Präzision und Funktion. Ein Video  eines Figurenautomaten zeigte die vielfältigen Bewegungen der verschiedenen Tiere, angetrieben von einem Uhrwerk. Die Demonstration der „Flötenuhr“ des Turmuhrenmuseums, bei dem Miniorgelpfeifen den Gesang eines Amselmännchens nachmachen, das den Schnabel bewegt, rundeten den Vortrag ab, der zurecht mit großem Beifall bedacht wurde.
Text und Fotos von Wolfgang Hackl.
Bildtext zu den Fotos.
Bild 1:  Leiterin des Turmuhrenmuseums Veronika Vogt beim Vortrag. Auf dem Tisch verschiedene Modelle früherer Zeitmesser.
Bild 2:  Waaguhr mit „Sensenmann Tod“
Bild 3: Astronomische Uhr
Bild 4: Kunstvolle und reichverzierte Konventuhr
Bild 5: Flötenuhr mit Amselgesang
Leiterin des Turmuhrenmuseums Veronika Vogt beim Vortrag. Auf dem Tisch verschiedene Modelle früherer Zeitmesser.
Waaguhr mit „Sensenmann Tod“
Astronomische Uhr
Kunstvolle und reichverzierte Konventuhr
Flötenuhr mit Amselgesang
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Förderkreis auf Reisen

Am 3.5.25 machten sich fast 50 Mitglieder mit einem modernen Steber Bus auf die Reise nach Nürnberg. Die im Krieg zu 80% zerstörte freie Reichsstadt zeichnet sich durch eine Vielzahl von Museen aus. Förderkreisvorsitzender Ernst Woisetschläger wählte das Naturhistorische Museum aus, das neben der Entstehungsgeschichte des Frankenlandes auch Weltkulturstätten wie das antike Rom oder die Jordanische Steinstadt Petra zum Inhalt hat. Führungen der Museumsleiterin und eines Mitarbeiters der Deutschen Physikalischen Gesellschaft zeigten sich sehr kompetent und brachten uns die Sehenswürdigkeiten nahe. Lobenswert auch, dass die Museumsleitung extra wegen uns das Museum vormittags öffnete. Danach ging es mit einem 15- minütigen Fußmarsch zum Mittagessen ins Heilig Geist Spital, wo wir exzellent verköstigt wurden. Von dort wurden wir zu einer zweistündigen Führung durch die Altstadt von zwei gewitzten Führungspersonen abgeholt. Wir erfuhren über Baulichkeiten und alte Fachwerkstraßen bis zum Dürerdenkmal eine Menge über die Stadt. Mit neuem Wissen und zufriedener Müdigkeit kehrten die meisten noch in Cafés ein oder machten einen kleinen Stadtbummel, bevor man die Heimreise anbrach.

Bilder Katharina Sadzio
Das rustikale Mittagessenlokal
Henkersbrücke
Das Heilig Geist Restaurant direkt über der Pegniz
Altes Fachwerkhaus, das vielfach genutzt wurde
Lorenzkirche mit Balkon von dem zur Adventszeit das Christkind spricht
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Vortrag von Robert Antretter im Museum am 29.04.2025
Zeitzeugen der Geschichte
Auf Einladung der Leiterin der Mindelheimer Museen Friederike Haber, MA und stellvertretendem Museumsleiter Markus Fischer trafen sich Förderkreismitglieder und geschichtsinteressierte Bürgerinnen und Bürger Mindelheims zum Vortrag von Robert Antretter im Colleg. Thema war seine Kindheit in Mindelheim und die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Aus Platzgründen, wegen der vielen Besucher, fand die Veranstaltung in der Cafeteria der Berufsschule statt. Umrahmt wurde der Vortrag von einigen Ausstellungsstücken der Kriegs-, Besatzungszeit durch die Amerikaner und der Nachkriegszeit aus dem Fundus des Stadtmuseumsund des Stadtarchivs. Nach der Begrüßung schilderte Frau Haber kurz den Lebenslauf des Referenten und seine zahlreichen Tätigkeiten und Ehrungen. Robert Antretter als gebürtiger Münchner, Jahrgang 1939, aufgewachsen in Mindelheim,  war im Verlagswesen tätig und von 1980 bis 1998 Abgeordneter der SPD im Bundestag und von 1993 bis 1999 Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen.
Gleich zu Beginn seiner Ausführungen betonte der Vortragende, dass es sein vordringlichstes Anliegen sei, als Zeitzeuge der Kriegs- und Nachkriegszeit Kindern, den Enkeln, Schülern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen das Wissen um die damalige Zeit nahe zu bringen. Er sei froh, dass er am Vormittag auch vor den Berufsschülern seinen Vortrag halten konnte.
Der Bereich zwischen der Mindelheimer Teckstraße und der Kirchgasse sei ihm als Kind in Erinnerung. Er erinnerte an Josef Felder, der in diesen Tagen 125 Jahre alt geworden wäre und zu dessen Gedächtnis auch ein Platz in Mindelheim benannt wurde. Zur Erinnerung: Josef Felder, der seine Kindheit und Jugendjahre in Mindelheim verbracht hatte, stimmte 1933 als Reichstagsabgeordneter gegen das sogenannte Ermächtigungsgesetz und wurde  von 1934 bis 1936 im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. Immer wieder zog Robert Antretter Parallelen zwischen seinen Jugenderlebnissen, seiner parlamentarischen Zeit und der aktuellen Politik. Auch der Kontakt als gelernter Schriftsetzer zur Verlegerfamilie Högel habe ihn nachhaltig beeinflusst.  Aus der Besatzungszeit sei ihm besonders die erste Begegnung seines Lebens mit einem „Neger“ – einem farbigen Besatzungssoldaten in Erinnerung geblieben. Die Amerikaner hätten den Weg zur Demokratie nach der Nazi-Zeit gezeigt. Gefährlich sei aber der Weg, den die aktuelle USA – Politik unter Präsident Trump gegenwärtig gehe. Mindelheim als Lazarettstadt nach dem Krieg mit den vielen Gesichts- und Kieferverletzten und die Euthanasieuntaten der Nazis mit behinderten Menschen und seine eigenen Begegnungen mit Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom habe ihn später dazu bewogen sich für die Belange dieser Menschengruppen einzusetzen. Respekt vor dem Anderen zu fördern, alles zu tun, was das Leben schützt, wurde für ihn zu einem wichtigen Lebensziel, auch im Engagement für die Organisation „Lebenshilfe“ und in der Ethikkommission des Europarates. Als Meilensteine der Verständigung bezeichnete Antretter die Geschehnisse zwischen Kohl und Mitterrand zur deutsch-- französischen Völkerverständigung und den Kniefall Willi Brands in Warschau in der Ostpolitik. Einige Zitate beeindruckten die Zuhörer: „Politik müsse ein Gespür dafür haben, was die Menschen bewegt, getragen von gegenseitigem Respekt. Politik ist keine Wissenschaft – Politik ist eine Kunst. Zur Politik gehört der Streit, aber vor allem auch der Kompromiss und die gegenseitige Achtung. Politik muss den Frieden zum Ziel haben“.
Im Anschluss an den Vortrag stellte sich der Referent auch den Beiträgen aus dem Publikum, die sich auf das Lazarett der Mindelburg, die Situation der jüdischen Familie Liebschütz und der Heimatvertriebenen nach dem Krieg bezogen. Markus Fischer erläuterte beispielhaft die Geschichte der NSDAP – Tafel, des Kinderkleides aus Ballonseide, einer roten Fahne und des Bildes, das eine Situation mit einem Besatzungssoldaten an der Kreuzung vor dem Unteren Tor zeigt. Hinweise auf entsprechende Publikationen von Dr. Bernd Linker : „Mindelheim im 20. Jahrhundert“, sowie Broschüren des Förderkreises zur Geschichte der Familie Liebschütz und zum „Operationssaal Mindelburg“ rundeten die Veranstaltung mit dem Bezug zur Kriegs- und Nachkriegszeit ab.
Text zur Veranstaltung mit Verwendung von Informationen über Robert Antretter aus „Wikipedia“ und zu Josef Felder aus dem „Haus der bayerischen Geschichte“, von Wolfgang Hackl.
Bild 1  Museumsleiterin Friederike Haber bei der Begrüßung.
Bild 2  Gemälde aus der Besatzungszeit mit dem Platz vor dem unteren Tor
Bild 3   Der Referent Robert Antretter (leider etwas unscharf durch die
            Verwendung der Tele-funktion).
Begrüßung durch Friederike Haber MA,
Gemälde mit der Situation vor dem Unteren Tor.
Robert Antretter nach dem Vortrag.
Fotos von Wolfgang Hackl.
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Veranstaltung des Förderkreises Mindelheimer Museen e. V.  19.03.2025
Historische Filme aus Mindelheim
Der vorgesehene Vortrag von Stadtarchivar Andreas Steigerwald MA, über „Krisen, Klima, Katastrophen – Unruhige Zeiten in Mindelheim und Umgebung“ musste kurzfristig wegen der Erkrankung des Referenten umgestellt werden. Glücklicherweise hatte Mitglied Johannes Schalper 2 DVDs dabei. Es handelte sich um historischen Filmaufnahmen aus Mindelheim aus den Jahren 1939 bis 1951 In Windeseile wurde dank der Museumsleiterin Friederike Haber MA, die Veranstaltung vom Museumspädagogischen Raum im Textilmuseum in den Filmraum im Krippenmuseum verlegt.
Der Gobelinsaal - als in den Zeitungen angekündigter Veranstaltungsraum - ist für Vorträge derzeit nicht nutzbar. Er ist durch Projektions- und Lichtinstallationen der Studentinnen der Uni Augsburg im Rahmen der Ausstellung „Aufgemischt“ mit deren neuen Interpretationen zu den Werken Hilda Sandtners belegt.
Im Filmraum des Krippenmuseums konnten nun über den Großbildschirm  die auf der DVD enthaltenen verschiedenen historischen Filme gezeigt werden. Johann Schalper kommentierte und erläuterte die Filmteile mit erstaunlichem Personengedächtnis. Neben den reinen Familienaufnahmen mit der Entwicklung der Kinder vom Baby zu Schulkindern und Erwachsenen , der Teilnahme der Väter in den Kriegsjahren entstand dank der Kommentierung von Herrn Schalper ein einmaliges historisches Bild der Stadt Mindelheim und der damaligen Situation für die beteiligten Familien. Die Vortragsbesucher erhielten dank der historischen Filmaufnahmen eine Vorstellung der familiären Lebenssituationen von der Geburt über Taufe, Kommunion, Firmung, Heirat bis zum Begräbnis auf dem Mindelheimer Friedhof. Auch die Abläufe bei einer Beerdigung von der Abholung des Sarges im Haus mit Pfarrer und Ministranten, der Transport mit dem historischen Leichenwagen und die hohe Beteiligung der Bürger bei der Beisetzung sorgten für Erstaunen. Die Stadtansichten von Mindelheim, die im Hintergrund der Aufnahmen zu sehen waren, fanden das lebhafte Interesse der Veranstaltungsteilnehmer. Diese hatten jene Zeiten nicht oder nur teilweise erlebt. Mit besonderer Aufmerksamkeit registrierten sie die Veränderungen im Lauf der Jahre im Stadtbild mit ihren Gebäuden und die damals leeren Straßen, in denen Autos eine Seltenheit waren. Fußgänger, Radler oder Kinder mit Rollern, Dreirad und Mädchen mit ihren Puppenwagen kamen im Film vor. So manche Erinnerungen an die eigene Kindheit oder an Erzählungen der Eltern wurden bei den Besuchern der Veranstaltung geweckt, die den nostalgischen Blick in vergangene Zeiten am Schluss mit reichem Beifall belohnten.
Vorstandsbeisitzer Wolfgang Hackl bedankte sich in Vertretung des 1. und 2. Vorstandes bei Herrn Schalper für seine Bereitschaft die einzigartigen Filmdokumente zu zeigen und auch situationsentsprechend zu kommentieren. Sein Dank galt ebenso Museumsleiterin Friederike Haber, MA, die kurzfristig die Umstellung organisierte und die Steuerung der DVD-- Wiedergabe begleitend zum Kommentar übernahm. Beide erhielten als kleines Dankeschön eine Geschenkpackung mit notwendigen, immunstärkenden Säften in den gegenwärtigen Erkältungszeiten.
Text: Wolfgang Hackl


Bildausschnitt der Filmvorführung im Krippenmuseum. Rechts im Bild kommentiert Johann Schalper die Szenen aus den Filmbeiträgen.
Foto von Wolfgang Hackl

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Hochzeit zu Kana – Vortrag Markus Fischer
03. 02. 2025  Förderkreis Mindelheimer Museen
Gut 30 Zuhörer konnte Vorstand Ernst Woisetschläger zum Vortrag von Markus Fischer in der Jesuitenkirche begrüßen. Er dankte dem stellvertretenden Museumsleiter für seine Bereitschaft die restaurierte Jesuitenkrippe mit der neu gestalteten Szene der Hochzeit zu Kana den interessierten Besuchern zu erklären. (Bild 1).
Markus Fischer ging eingangs auf das 1618  revolutionäre Konzept der Jesuiten ein, die Heilsgeschichte des neuen Testaments mit Hilfe von aufgestellten Figuren in szenenhafter Weise darzustellen. Nach und nach kamen so bis zu 250 Figuren hinzu, von denen aber nur noch etwa 85 die wechselhaften Zeiten der vier Jahrhunderte überdauert haben. Er berichtete aus der Historie, dass die Obrigkeit zeitweise sogar befürchtete, dass die Leute nur noch zum Schauen in die Kirche gehen würden. Von 1804 bis 1825 gab es sogar ein Verbot der Krippenaufstellung. Manche Mesner betrachteten später die Krippe als ihr Eigentum und wollten die Figuren sogar verkaufen. Glücklicherweise kam es jedoch nicht dazu.
Einzelnen Berichten zufolge sollen sogar10 bis 12 Szenen präsentiert worden sein. Mit den Jahren verlor die Krippe allerdings an Umfang und Bedeutung, obwohl sie bis in die 50er Jahre immer wieder aufgestellt wurde. Vieles an den Figuren wurde durch  Pappmaché – Masse ersetzt und es wurden einfachere Materialien verwendet.
Erst in den 70er Jahren wurde die Krippe durch die Familie Hirle wiederbelebt. Der Schwerpunkt lag dabei auf Reparatur der kaputten Elemente. Es erfolgte keine umfassende Restaurierung betonte Fischer- Als Beispiel zeigte er einen einfachen Unterbau der Figuren, bestehend aus einer Bodenplatte und einem Stock und 2 Füßen mit Sandalen.  (Bild 2)
Bei anspruchsvolleren Restaurationen wurden im 18. Und 19. Jahrhundert sogar hölzerne Gliederpuppen mit beweglichen Armen und Beinen für die Figuren verwendet. Auch hier konnte Markus Fischer ein Beispielexemplar zeigen. ( Bild 3).  An einem noch nicht restaurierten Soldaten demonstrierte Markus Fischer den Unterschied zwischen den alten und den „neuen“ Figuren.
Nach der mühevollen und dankenswerten Wiederherstellung der Krippenfiguren und ihrer Bekleidung durch die Familie Hirle wurde die Krippe in einer Simultandarstellung gezeigt. Alle Figuren wurden um die zentrale Gruppe der heiligen Familie gleichzeitig als Abendland mit schwäbischen Trachten und als Hirten auf der einen Seite und als Orient mit den prunkvoll gekleideten Königen mit ihrem Gefolge auf der anderen Seite an der Südwand der Kirche auf verschieden hohen Podesten aufgebaut. Diese Aufstellung mit den noch verbliebenen Figuren wurde beibehalten bis 2020.
Danach erfolgte die vollständige Restaurierung der Figuren durch den Diplom-Restaurator Ernst Striebel.  Nach erhaltenen historischen Fotos von  1917 und 1941 schuf Markus Fischer zusammen mit Ernst Striebel die neuen Kulissen nach diesen Vorbildern. Fischer wies auf die einfachere Konstruktion der Kulissenteile in Leichtbauweise hin. Alle Teile sind durch ein Stecksystem verbunden, wobei die einzelnen Elemente problemlos von einer Person transportiert werden können. Die Aufstellung erfolgt nun auch nach dem neuen „alten“ Konzept in einzelnen Szenen, das schon bei den Jesuiten von Anfang an galt. Nach der Verkündigungsszene am 1. Advent und einer zunehmenden Zahl an Hirten und Schafen folgt am 2. Advent die Herbergssuche. Die Szene der Geburt Christi wird an Weihnachten aufgestellt, gefolgt von der Anbetung der Könige am 6. Januar, wo dann alle Figuren zu sehen sind.  
Neu hinzu gekommen ist  in diesem Jahr die Hochzeit zu Kana, die dank einer großzügigen Spende des Freundeskreises Alt – Mindelheim verwirklicht werden konnte. Neue Kulissen mit Säulen und einer großen Frontblende – ebenfalls in aufbaufreundlicher Leichtbauweise mit Stecksystem - rahmen eine Hochzeitsgesellschaft ein. Im Vordergrund Maria und Jesus vor einer Reihe von Tonkrügen. (Bild 4).
Viele Figuren die vorher in der anderen Krippenszene standen, zogen um in die neue Umgebung. Auf der rechten Seite Frauen in historischen schwäbischen Kostümen und der Wirt mit der weißen Schürze  - schon bekannt aus der Herbergssuche – auf der anderen Seite die Hirtenmusikanten mit Dudelsack, Horn und Schalmei. (Bild 5). Die Aufstellung genau gegenüber der Eingangstüre ist bewusst so gewählt worden um dem Besucher sofort ins Auge zu fallen.
Während die Hauptkrippe am folgenden Tag abgebaut wird, soll die Hochzeit zu Kana noch einige Zeit stehen bleiben.
Reicher Beifall belohnte den Referenten, der alle Besucher nach der kalten Kirche noch zu einem wärmenden Umtrunk in die Cafeteria einlud. Die Museumsleiterin Friederike Haber begrüßte ebenfalls die Teilnehmer, die dankbar den vom Museumsteam vorbereiteten heißen Kaffee genossen.
Text von Wolfgang Hackl, ebenso die Fotos 1, 2, 4 und 5.
Bild 3 von Katarina Sadzio.

Bild 1: Begrüßung durch Vorstand Ernst Woisetschläger
Bild 2:  Fußgestell einer Figur
Bild 3:  Hölzerne Gliederpuppe
(Foto von Katarina Sadzio)
Bild 4: Hochzeit zu Kana mit großer Kulisse
Bild 5:  Ausschnitt der Hochzeitsgesellschaft.  
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Vortrag im Krippenmuseum von Friederike Haber über 2 neue Krippen.
20.01.2025
Die Museumsleiterin Friederike Haber eröffnete mit einem Vortrag im Krippenmuseum die Veranstaltungsreihe 2025 des Förderkreises Mindelheimer Museen. Im Mittelpunkt standen die beiden neu erworbenen umfangreichen Krippen, die dank der Finanzierung des Förderkreises zu einem „Schnäppchenpreis“ von je 1000 € erworben werden konnten.
Gleich zu Anfang stellte Frau Haber den theologisch bedeutsamen Zusammenhang zwischen Adam und Eva mit der Erbsünde und der späteren Erlösung davon durch die Geburt und den späteren Kreuzestod Christi heraus. Ganz bewusst wurde diese Gegenüberstellung im Eingangsbereich des Schwäbischen Krippenmuseums platziert.
Madonna mit Kind (Leihgabe der Sparkassenstiftung
Adam und Eva der Kloster Wald Krippe            
Zahlreiche Mitglieder waren der Einladung des Förderkreises zum Vortrag gefolgt, wie der 1. Vorstand Ernst Woisetschläger in seiner Begrüßung mit Freude feststellen konnte.
Im ersten größeren Ausstellungsraum war die Krippe der Familie Nehmer aus Brunnstetten bei Augsburg zu sehen. Ein Teil der Figuren war auf den Tischen ausgebreitet, während noch zahllose weitere Figuren in den vielen Kisten eingelagert sind. Eine wahrhafte Mammutaufgabe für das Museumsteam von Friederike Haber und dem stellvertretenden Museumsleiter und Kreisheimatpfleger Markus Fischer, da alle Teile für das Museum registriert, fotografiert und dokumentiert werden müssen.
Ausgewählte Figuren auf den Tischen und noch weitere unzählige Teile in den seitlich abgestellten 6 Kisten.
Den Besuchern wurde damit auch erst eindrücklich bewusst, wie viel Arbeit hinter den Szenen und Figuren des Krippenmuseums steckt, die zudem in einem durchdachten Präsentationsplan angeordnet sind.
 
 
Interessant ist es auch die Entwicklung der Krippenkultur zu verfolgen vom heimischen Bäckermeister Lorenz Fackler, dem 3 Vitrinen mit Krippen und Figuren gewidmet sind, bis zu den Arbeiten von Josef Wiegel.
 
 
Zwischendurch erklärte Markus Fischer den inneren Aufbau der meisten Krippenfiguren vom Standfuß über das Drahtgerüst an das dann Hände, Füße und der Kopf einfach aufgesteckt werden können. Somit sind auch wechselnde Körperhaltungen gut möglich. Für die Kleidung reichen dann übrige kleine Teile von einfachen oder auch wertvolleren Stoffen.
Eine ganz andere Machart weisen die sogenannten „Bachenen“ Krippenfiguren auf, die – meist aus Ton gefertigt – im Herdbackofen gebrannt wurden. Ein einem der hinteren größeren Räume des Museums wurden diese Krippenfiguren aufgelegt, die zu einer Krippe aus dem sogenannten schwäbischen „Krippenparadies“ gehören. Damit wird der Bereich um die Ortschaften Ichenhausen, Wettenhausen, Wattenweiler und noch einige andere Orte bezeichnet, in dem viele Krippenschnitzer lebten.  Ging es diesen hauptsächlich um ein mehr oder weniger aufwendiges Hobby, war es für Josef Wiegel, ein gelernter Maurer, in den Wintermonaten ohne Arbeit eine Notwendigkeit seine Krippenfiguren zu verkaufen um  seine große Familie ernähren zu können.
Verschiedene Hintergründe von Krippenaufbauten und die sogenannten „Bachenen“ präsentierte Friederike Haber den interessierten Besuchern. Denen hatte es der rustikale Holzkoffer in dem Teile der Fassaden lagen besonders angetan.
Darin lag auch eine Stoffrolle, auf die ein orientalischer Hintergrund für eine Krippe aufgemalt war.
Langer und begeisterter Beifall belohnte Museumsleiterin Friederike Haber und Markus Fischer für die Präsentation der neu angeschafften Krippen, die eine wertvolle Ergänzung des Krippenmuseums darstellen. Deren Aufarbeitung bedarf es noch viel Mühe. Ernst Woisetschläger bedankte sich im Namen des
Förderkreises für den informativen Vortrag und die große Mühe und Arbeit, die hinter der Ausstellung der Krippenfiguren steckt.                                       (Text und Fotos von Wolfgang Hackl)
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